Campen? Niemals!
Silvi schüttelte energisch den Kopf und gestikulierte bedrohlich mit ihren Fäusten, wie sie es sonst nur tut, wenn ich mich weigere, die Wäsche aufzuhängen.
„Das ist schmuddelig, feucht, kalt, eng, unbequem und in die Sanitäranlagen gehe ich nicht rein!“
Ich bin seit 4 Jahren mit der resoluten Münchnerin zusammen und in der Zeit haben wir – bis auf ein paar Kurztrips (Scharbeutz, Husum etc..) – eigentlich noch keinen vernünftigen Urlaub am Stück machen können, immer kam irgendwas dazwischen.
Und dann kam auch noch die Pandemie, die mir on top meinen 60. Geburtstag im April 2020 versaute. 2021 sollte nun alles besser werden! Und nun das!
Mein Kollege Frank hatte Anfang des Jahres von seinem jüngsten Wohnmobil-Urlaub in Nordjütland geschwärmt und mich mit eindrucksvollen Fotos, wunderbaren Erlebnissen und spannenden Geschichten aus der Gegend belästigt. Mit einem Wohnmobil sei man flexibel, ungebunden, man könne sich zurückziehen und so einen großen Bogen um Corona machen.
Irgendwo würde es schon einen Ort geben, wo man unterkommt. Von mir aus auch kontaktlos. Hauptsache mal weg!
Ich war vor 20 Jahren das letzte Mal in Dänemark (irgendwo bei Esbjerg mit Ex-Frau, Ex-Schwiegereltern und Ex-Hund) und hatte das noch vage als eine sehr weitläufige, angenehm ruhige und (bis auf die Bunker) naturbelassene Gegend im hintersten Bereich des Hirnkastens gespeichert. Sollte also genau passen für unsere geschundenen Seelen!
Also los, Silvi immerhin halbwegs auf Linie gebracht (…“also gut – aber ich mache das nur für Dich…“), sofort Vermieter André angerufen, Wohnmobil gebucht und im 2. Anlauf (September statt April – immer noch wegen Corona) dann endlich alle eingepackt (1x Frau, 2x Hund [Luna (5) & Sammy (17!)]) und ab in die Spur! Von Hamburg aus immer in Richtung Norden!
Dreieinhalb Tonnen – verteilt auf siebenmetervierzig Länge, zweimeterzweiunddreißig Breite und drei Meter Höhe – wollten auf den Straßen bewegt werden. Das macht man nicht jeden Tag, es sei denn, man ist LKW-Cowboy, Landwirt oder UPS-Paketzusteller. Entsprechend unsicher hatte ich mich auf dem Pilotenhocker niedergelassen und erstmal ein paar Testrunden gedreht. Erstaunlicherweise ging das aber relativ easy, weil moderne Nutzfahrzeuge durch viele elektronische und hydraulische Helferlein sowie ein ergonomischer, bequemer Arbeitsplatz das Cruisen durchaus zur Freude machen. Die gewaltige Panorama-Frontscheibe und die kräftige 2,3 Liter Multijet-Fiat-Maschine sollten das einmalige Fahrerlebnis über die skandinavischen Buckelpisten abrunden.
Der junge dänische Grenzwächter bei Tondern war freundlich, aber bestimmt - und unmaskiert!Nachdem geklärt war, was uns in sein Land treibt (..."Urlaub mit dem Wohnmobil machen, tatsächlich..."), wir in André's Wohnmobil nicht kubikmeterweise unversteuerten Alkohol illegal importieren wollten und auch die Impfpässe der beiden Hunde korrekt gestempelt waren (unsere haben ihn nicht wirklich interessiert), konnten wir unsere Reise Richtung Rømø gut gelaunt fortsetzen.
Rømø - eine Perle
Wir waren relativ spät dran an diesem Montag, als wir den schmalen Rømdamm zur Insel passierten. Schnell Campingplatz ansteuern, aufbauen, was essen und dann nochmal an diesen sagenhaften Strand, den wir nur von Bildern kannten.
Erste Anlaufstelle Rømø Family Camping…nein, das war nicht das, was wir wollten. Kein Wasser weit und breit, Waldgebiet, irgendwie trist, nix los. Außer Minigolf. Ausgerechnet! Ich hasse Minigolf!
Schnell weiter zum paar Kilometer entfernten First Camp Lakolk und da passte es sofort! Modernes, helles und großzügig dimensioniertes Eingangsportal, kleine süße Futter- und Shoppingmeile, weitläufige Anlage mit top Sanitärhäusern, Strand & Nordsee direkt hinter einer Düne. Perfekt! Leider war die Rezeption nicht mehr besetzt, es war bereits nach 19 Uhr. Uff!
Eins fällt in Dänemark sofort auf: es ist sauber, aufgeräumt, gepflegt, man ist höflich – und bei der Digitalisierung ist das Land auf Stand! Ein übersichtliches, menügeführtes Displayterminal erwartete mich an der Schranke. Ich suchte mir auf dem Lageplan meinen Wunschplatz aus (irgendwo in einer hinteren Ecke (für Silvi und mich Ruhe und Auslauf für die Hunde)), klickte noch Stromanschluss an, bezahlte sofort ganz normal mit Karte und schon waren wir drin! So muss das!
So ein Wohnmobil hat was! Alles, was man so braucht, ist irgendwie da. Aber wo?
Erstmal auspacken, sortieren, zuordnen, umstapeln. Mit zwei parallel wuselnden, unkoordinierten, von den Nachwirkungen des gerade abgelegten Alltagsstresses noch etwas hypersensiblen Erwachsenen und zwei völlig verunsicherten Hunden dazwischen einen mobilen Hausstand einzurichten, ist selbst in André’s platztechnisch großzügiger Landyacht eine Herausforderung für alle Beteiligten.
Danach kurzer Spaziergang durch die Dünen mit alle Mann, Sonnenuntergang geknipst und dann ziemlich erschlagen in die Koje gefallen. Der erste Tag war rum.
Petrus muss ein Herz für unerfahrene Wohnmobil-Amateure aus dem Kreis Pinneberg haben. Jedenfalls schickte er uns schon früh morgens ein Sonnenaufgangs-Spektakel, wie man es nicht mal an der Elbe nach durchzechter Reeperbahn-Nacht auf dem Fischmarkt an den Hamburger Landungsbrücken genießen kann. Und das sogar nüchtern.
Nun aber schnell Frühstück! Test der dänischen Brötchen! Gibt’s im Supermarkt am anderen Ende des Platzes.
Wenn man allerdings 10 Jahre nicht mehr auf einem Fahrrad gesessen hat, hat das Radeln so seine Tücken, vor allem auf einem holperigen Campingplatzpfad mit zu dünnen Pneus und einer prallen Tüte am Lenker, die sich ständig um die Handbremse wickelte. Aber der Höllenritt auf dem alten Bike ging ohne ernsthafte Frakturen vonstatten und wir beschlossen adhoc, sofort abzurödeln und am Strand stilvoll unser erstes Nordsee-Morgenmahl einzunehmen.
Den Strand von Lakolk peilt man an wie ein Flugzeug, das eine Landebahn ins Visier nimmt. Eine gerade, gepflasterte Straße wird plötzlich immer schmaler und sandiger, bis sie bei der Dünendurchfahrt dann ganz weg ist. Stattdessen tut sich in alle Richtungen ein Meer aus Sand auf. Und eben Meer. Gaanz weit hinten.
Wer unter Platzangst leidet, wird hier glücklich. Denn trotz regem Betrieb (am Wochenende vorher war Drachenfest und einige Teilnehmer:innen waren wohl geblieben, dazu diverse Camper, Tagesgäste so wie wir etc.) war nirgendwo auch nur annähernd eine Annäherung. Platz ohne Ende, Sonnenschein pur, ein milder Wind. Man muss es mal erlebt haben! Absoluter Tipp!!
Vorsicht jedoch mit dem Wohnmobil…keine Experimente veranstalten, immer besser den anderen hinterherfahren – sollen die doch steckenbleiben! Einmal bin ich kurz ein, zwei Meter zu weit von der eingefahrenen Route abgewichen und ganz schnell gerade noch so wieder in die Spur geglitten – der Grip zwischen dem plötzlich weichen Boden und dem schweren Fiat-Fronttriebler war sofort weg!
Den Vormittag dann gemütlich genossen, Muscheln und Steine gesammelt (Dänemarks Strände haben wunderbare Steine). Zweites Frühstück gab’s an einer Hot-Dog-Bude mitten auf dem Strand – betrieben von zwei Kielern! Dann ging es weiter auf Tour.
Grobe Richtung Skagen. Irgendwo da oben am Horizont, kurz vor der Eisgrenze.
Campingplatz-Chaos
Es war also nun der zweite Urlaubstag, ca. 13 Uhr. Ich entwickelte so langsam ein Gefühl dafür, was zeitlich und kilometertechnisch machbar ist am Tag, um ungefähr ein Ziel ohne Hektik zu erreichen. Mit Rauchpausen, Beine vertreten, Mensch und Hund Gassi gehen usw. kam ich auf realistische 4 – 5 Stunden reine Fahrtzeit pro Tag. Das entspricht im Mittel so ca. 200 km. Wir wollten – so weit es ging – am Wasser lang.
Und unterwegs ein bisschen unsägliche deutsche Kriegsgeschichte schnuppern.
Aber erstmal fuhren wir mitten durch Dänemark über Ribe (beim Wikinger-Museum kurz gehalten, aber dann bestand weder bei Silvi noch mir großartiges Interesse. Ist mehr was für z.B. junge Familien), dann an Esbjerg vorbei – und endlich wieder ans Wasser. Schöne Natur in Hvide Sande und fantastisches Panorama entlang des Ringkøbing Fjords.
Schon wieder Zeit für Camping, so ein Tag ist ja im nu um. Ich entschied mich für Norre Lyngvig Camping, das sah ganz ordentlich aus.
Uns erwartete jedoch ein unfreundlicher, muffiger Däne hinter Glas und als er hörte, dass wir 2 Köter dabei haben, hat er gleich zugemacht. Ende des Gesprächs! Wiedersehen.
Nächste Station, ein paar Kilometer weiter: Søndervig Camping. Das war aber so ein Gruselacker, wo man offenbar unter sich sein wollte. So eine Art Campingzombie-Kleingarten-Kolonie. Wieder nix.
So langsam hatten wir keine Lust mehr, die Hunde quengelten und Hunger hatten wir auch alle.
Am Vedersoe Klit Camping empfing uns dann eine sehr nette ältere Dame an dem Platz. Sie hatte zusammen mit ihrem Ehemann die Anlage kurz vor Corona übernommen und etwas Traurigkeit lag über dem zwar gepflegten, aber ziemlich verlassenen Platz. Nun war es mitten in der Woche. Ich hoffte für sie, dass sonst mehr los ist. Immerhin verfügt die Anlage über einen großen Poolbereich. Und einen Minigolfplatz.
Wir jedenfalls bekamen ein schönes Plätzchen direkt an den Waschhäusern – aber nichts mehr zu essen!
Das Restaurant und auch der Supermarkt hatten nur am Wochenende auf. Ansonsten war da in der Nähe nichts.
Endlich kam die Dose Ravioli (die ich in den 60ern von meinem ersten Taschengeld gekauft hatte) und André’s Gasherd zum Einsatz. War ein bisschen angelaufen & verfärbt, aber gar nicht so übel, die Pampe!
Der nächste Tag sollte spannender werden.
Auf der Suche nach dem stillen Örtchen
Irgendwie waren wir unzufrieden mit gestern. Außerdem war es grau in grau morgens um 8 Uhr irgendwo kurz vor Husby und es regnete leicht. Der Supermarkt am Platz hatte doch geöffnet trotz „Geschlossen“ – Schild und so kamen wir wenigstens zu Brötchen und paar anderen Sachen, die wir vergessen hatten.
Silvi überlegte laut, ob wir nicht zurück nach Rømø fahren sollten, da wussten wir wenigstens, was wir hatten, aber ich bestand auf meinem Plan, Skagen zu sehen und notfalls dort zu sterben!
Immerhin war erst Mittwoch und das Ziel war in 2 Tagen plus 1 Tag Reserve durchaus zu schaffen.
Mäßig gelaunt räumten wir ein und starteten durch.
Meine Vision war folgende: Quer durch’s wilde Land, entlang der Seen und Fjorde (Limfjord, Dragstrup Vig, Vilsund etc.) hoch Richtung Hanstholm bis zum Anfang der Jammerbucht, von der mir Kollege Frank vorgeschwärmt hatte.
Und irgendwo auf der Strecke hatte ich eine damals wohl wichtige Brücke mit ein paar Verteidigungs-Bunkern ausgemacht. Die gute Stunde Fahrt dahin war relativ unspektakulär und bei Oddesund (Regelbau 411) haben wir dann mal einen düsteren Eindruck bekommen, was hier vor 80 Jahren los gewesen sein muss.
Immer wieder beeindruckend schrecklich. Leider aber auch sehenswert!
Weiter ging es durch’s Inland .. und da passierte nun dann doch nicht allzu viel. Die Landschaft wechselt allerdings oft, was wiederum beeindruckend war. Mal Bayerischer Wald, dann wieder Lüneburger Heide, dann trockene Sahelzone in the Mix mit fruchtbarer Fjordlandschaft.
Wir näherten uns Hanstholm. Hier tat sich schon vom belebten Hafen aus die gewaltige Festungsanlage auf, die hoch oben in den Berg gehämmert wurde und einer der zentralen Bestandteile des Atlantikwalls war. Irgendwie schaffte ich es aber, André’s Dickschiff immer wieder an dem ausgewiesenen Parkplatz vorbeizulotsen, bis ich keine Lust mehr hatte und Kurs auf die nächste Bleibe nahm. Nach dem Campingplatz-Theater des vorherigen Tags wollte ich sicher sein, in Ruhe irgendwo anzukommen und auch mal in Ruhe abends was zu essen, zu trinken und zu relaxen.
Der Campingplatz Klim Strand in der Jammerbucht zwischen Bulbjerg und Blokhus hat zwar „nur“ 4 von 5 Sternen in der Rezensionstabelle im Netz, aber irgendwie hat es bei uns sofort gefunkt. Freundlicher Empfang, gut gelaunte Menschen, viel Fläche und ein einsames Fleckchen Rasen ganz vorne an den Dünen. Zu Fuß zum Strand 20 Meter. Ein Wow-Effekt! Sogar einen Minigolf-Platz gab es.
Allerdings auch hier: der Platz war ziemlich leer – und es gab schon wieder nix zu futtern! Diesmal mussten die Bio-Eier und -Tomaten von André’s Ökohof-Sponsorin Silvi dran glauben! Alles zusammen mit Käse & Schinken in die Pfanne, dazu geröstetes dänisches Brot aus dem „Villa“-Toaster – ein echter Skagerrak-Schlemmerschmaus!
Anschließend sind wir noch in der Abendsonne zum Strand marschiert und fassten in dieser herrlichen Atmosphäre einen entscheidenen Entschluss.
Eine Bucht ohne Jammern
Der Weg ist das Ziel, so heißt es gern mal in der wohnmobilen Urlauberszene.
So ein Nonsens! Wenn man nur eine Woche Urlaub hat, muss man auch mal irgendwo ankommen! Zumal man ja auch jedes Mal aus- und wieder einpacken und -checken muss. Zeit ist knapp.
Zum Glück hatte ich ja zwar die „Villa“, André’s Schlachtschiff aus seinem Fuhrpark (hätten wir in einem VW-Bulli als Urlaubsdomizil gehaust, wäre mindestens einer von 4 Passagieren nicht lebend zurückgekommen), aber es war an der Zeit, zur Ruhe zu kommen.
So entschieden wir uns nun am 3.Tag, auf das Skagen-wo-Nord-und-Ostsee-zusammenkommt-Foto für’s Familienalbum zu verzichten und auch von weiteren abenteuerlichen Touren abzusehen.
Wir waren angekommen!
Dort, wo wir endlich entspannen konnten, an nichts mehr denken mussten, wo wir uns endlich zurücklehnen und den Lieben Gott einen guten Mann sein lassen konnten.
Am Donnerstag morgen wurden wir unsanft durch hysterisches Kläffen von Luna geweckt. Offenbar hatten wir über Nacht auf dem Platz schräg gegenüber neue Nachbarn bekommen. Welche mit Hund. Mit zwei ziemlich großen Hunden! Ich versuchte noch, mir vorzustellen, welches Massaker passiert, wenn eine der Leinen reißen sollte, aber da waren die auch schon wieder weg.
Nach einem ausgiebigen Frühstück planten wir den Tag. Also das Nichtstun auf den Tag verteilen. Wenn man in der Firma Arbeit heimlich simuliert und in Wahrheit nichts tut, geht der Tag nicht rum. Anders leider im Urlaub!
Es wurde auch generell langsam voller auf dem Campingplatz, das Wochenende stand ja auch kurz vor der Tür.
Der Klimstrand strahlt in seiner sagenhaften Umgebung eine nahezu magische Ruhe aus und erzeugt bei jedem bewussten Schritt durch den weichen Sand ein Gefühl der Verbundenheit und Erdung zwischen Dir und der Natur.
Dieses zu spüren und wahrzunehmen, sich die Zeit zu nehmen, das zu erfahren und zu genießen .. das ist für mich die Definition von Urlaub!
Allerdings darf man natürlich nie vergessen, dass man es bei aller Schönheit an diesem Ort mit der rauen Nordsee zu tun hat! Wer also seinen Ausflug in der Bucht mit einem ausgiebigen Bad in den dunklen Fluten krönen möchte, sollte sich die Hinweise und Tipps auf den überall aufgestellten Schildern (siehe auch Bildergalerie) vorher genau durchlesen.
Je nach Gezeitenlage gibt es hier mitunter starke Unterströmungen, die einen ganz schön ins Rudern bringen können. Auf dem Schild wird empfohlen, sich NICHT zu wehren, wenn man auf’s offene Meer gesogen wird. Die Nordsee spielt nur ein bisschen mit Dir und liefert Dich dann wieder am Strand ab.
Etwa so:
Wir haben es nicht ausprobiert, weil das…ähmm…Wasser gerade zu kalt war…
Es war wieder an der Zeit, schlafen zu gehen. Alte Menschen haben so ihre Eigenarten und eingefahrene Rituale. Alte Hunde allerdings auch.
Und das sollte diese Nacht zu einem echten Problem werden.
Sammy ist ein ehrwürdiger alter italienischer Mischlingshund. Was da vor 17 Jahren in der Toskana gemischt wurde, ist unklar, aber er ist ein ganz Lieber. Er hat zwar kaum noch Zähne und ist etwas tüddelig, aber sonst trotz einiger Operationen noch gut drauf. Ohne Zähne hat man es aber nicht so einfach in der Hundewelt, weil man praktisch keine Waffe mehr hat. Andere Hunde wissen das. Also hat Sammy ein bisschen Angst vor dem Gassi gehen. Erst recht im fremden Dänemark. Er weigerte sich strikt.
Am 4. Tag musste nun langsam mal was passieren, also beschloss ich um kurz nach Mitternacht, so lange mit ihm im Kreis zu laufen, bis er endlich mal…
Und tatsächlich – um ca. 2:30 Uhr war das Problem bis zum Rest des Urlaubs vom Tisch.
Der letzte Tag brach an und wir mussten langsam erkennen, dass so eine Woche ganz schön kurz ist.
Wir hatten unheimliches Glück mit dem Wetter, hatten aus jeder Minute Dänemark nachhaltig Wert geschöpft und sehr viel Energie aus der wundervollen Natur aufgenommen. Und das Stadt Land Camp Wohnmobil war mir in Fleisch und Blut übergegangen. Nächstes Jahr fahre ich damit Rennen auf der Nordschleife am Nürburgring!
Der Tag plätscherte viel zu schnell dahin und irgendwann wurde es Zeit, ein wenig Ordnung in die Landyacht zu bringen. Denn Samstag wollten wir zeitig los. Immerhin mussten wir ja die 500 Kilometer bis Hamburg wieder einsammeln. Das Sortieren, Ordnen und Verpacken ging aber flott, da mittlerweile jeder Handgriff saß. Und auch fast alles, was wir mitgenommen hatten, irgendwo aufgetaucht war.
Pünktlich am Freitagmittag füllte sich der Campingplatz – die Dänen kamen ins Wochenende! Innerhalb kürzester Zeit war massiv Leben auf dem Platz! Überall qualmten plötzlich Grills, es herrschte reges Treiben an den Servicehäusern, die Straßen waren bevölkert von spielenden Kindern. Überall Musik und aufgeregtes Geschnatter, der kleine Supermarkt erstmalig leergekauft. Und am Nachmittag machte endlich die Dönerbude vorne an der Rezeption auf. Es gab steinharte Ofenpizza und dänischen „Kebab-Mix“. Das waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Fleisch-Chips ohne Sauce. Selbst Luna und Sammy waren skeptisch. Aber die Pommes waren gut.
Ein letzter Spaziergang zum Meer läutete den Abschied ein.
Farvel, Danmark!
Der Abfahrtstag begann feucht.
Petrus hatte unser Sonnenkontingent genau kalkuliert und auch keine Minute extra rausgerückt! Zum Glück war alles soweit gepackt und für die Heimreise vorbereitet.
Nach gemütlichem Frühstück war uns dann auch nicht mehr und so starteten wir nach der Morgendusche auch gleich Richtung Rezeption. Vorher allerdings mussten noch sämtliche Flüssigkeiten im Auto befüllt und auch entleert werden. Anhand der komfortablen Füllstandsanzeigen konnte ich sehen, dass der 120-Liter- Frischwassertank zur Hälfte leer und der 100-Liter-Abwassertank zur Hälfte voll war. Alles gut. Das Befüllen erfolgte über einen vom Platz bereitgestellten Schlauch, das Brauchwasser wurde über einen etwas versteckten Kugelhahn an der Unterseite des Wohnmobils über ein im Boden installiertes Gitterrost an der Servicestation abgeleitet.
Aber wie war das denn nochmal mit der Klo-Kassette? Wohin damit überhaupt? Es gab mehrere Möglichkeiten…
Wir bezahlten kurz, verabschiedeten uns, nahmen noch etwas Proviant in dem kleinen Supermarkt auf und los ging’s in Richtung SÜDEN. Für einen Norddeutschen wie mich irgendwie komisch…
Es regnete in Strömen, als wir nach gut einer Stunde Fahrt auf typisch dänischen Landstraßen mit tausenden, teilweise abenteuerlichen Kreisverkehren in Haderslev auf die E45 einbogen, die schlussendlich direkt in die A7 bei Flensburg übergeht.
Wir gehörten zu den wenigen Verkehrsteilnehmern, die sich an das Tempolimit von max. 110 Km/h hielten, das ist eine gute Reisegeschwindigkeit für die schwere Villa. Sie hat zwar noch ein paar Reserven, aber dann wird es bei plötzlichen Böen ungemütlich am Steuer.
Die Zufahrt zur Autobahn ist gewöhnungsbedürftig, man übersieht sie leicht. Große blaue Hinweistafeln mit langgezogenen Auffahrten und Beschleunigungsspuren sucht man hier vergeblich, stattdessen kleine grüne Schildchen mit noch kleinerem Hinweis auf die Fahrtrichtung.
Ich bin erstmal dran vorbeigefahren.
To Hus!
Die deutsche Grenze haben wir dann nur auf der Gegenfahrbahn wahrgenommen, da war gut Einreisestau. Auf unser Seite deuteten nur drei Fahnen (Dänemark, Deutschland, Europa) auf den Landeswechsel hin. Mein junger maskenloser Grenzwächter war verschwunden.
Nicht aber die Masken.
Was macht man nach einer Grenzüberschreitung als erstes? Auf Toilette gehen!
Es war ziemlich ungewohnt und natürlich unangenehm, die Maske rauszukramen, über die Visage zu ziehen und sich unter die vielen anderen Vermummten auf dem Rasthof zu mischen. Nun merkte ich, was ich nicht vermisst hatte in der vergangenen Woche.
Die A7 war auf dem nordischen Teilstück frei von Baustellen und es ging bis auf einen kleinen Unfall-Stau zügig voran. Um 18 Uhr landeten wir dann wohlbehalten, etwas erschöpft und natürlich ein wenig Urlaub-ist-zu-Ende-frustriert zu Hause. Wo wir natürlich erstmal einen Parkplatz für André’s automobiles Monster finden mussten.
Dann waren nach dem Auspacken noch leidliche zwei Stunden klar-Schiff-Machen für die sonntägliche Übergabe angesagt.
Während wir missmutig unsere Zahnbüste auspackten, gab es draußen im Garten ein freudiges Kläff-Konzert. Wenigstens Luna und vor allem Sammy waren heilfroh, wieder dem Alltag auf dem heimischen Rasen zu begegnen.
Retrospektive
Der letzte Urlaub liegt bei mir ja schon länger zurück. X-mal Campen in den 80ern, vornehmlich in Südfrankreich, das hatte was. Da war ich aber auch noch jung und es reichte eine kleine Hundehütte zum Übernachten. Die Ernährung bestand aus Baguette, Käse und saurem Provence Roséwein. 2 Wochen lang. Herrlich!
Ab den 90ern kam der Wandel…hin zu Hotel & all inklusive.
Malle, Fuerte, Kroatien, Italien etc. Um nix kümmern müssen, Sport & Animation, Essen & Trinken bis zum Abwinken. Am Pool abhängen, abends in die Disse. Wunderbar! Nie wieder was Anderes!
Aber wie steht es schon in der Bibel geschrieben?
Alles hat seine Zeit!
Und für uns kam die Reise nach Dänemark genau zur richtigen Zeit. Wir behalten sie in unserem Herzen, nehmen die positiven Eindrücke mit und stecken sie wie kleine bunte Lego-Steinchen in das Fundament unseres Lebensmosaiks.
Es sind wunderbare und einmalige Erinnerungen, die uns keiner mehr nehmen kann!
Und ja…fast hätte ich sogar Minigolf gespielt.
Steckbrief
Claus (60)
Lieblingsstellplatz
Camping Lakolk auf Rømø und Camping Klim Strand bei Fjerritslev
Lieblingsort/-strand/-berg
Nordjütland, Dänemarks Nordseeküste
Was kam total unerwartet / überraschend unterwegs?
Die Weitläufigkeit der Strände und die vielschichtigen Landschaften. Wunderschön!
Was habt ihr getan, was ihr niemals gedacht hättet? Worüber wart ihr froh, dass ihr es flexibel machen konntet?
Fahrrad fahren!
Was habt ihr über euch selbst gelernt?
Dass wir Chaoten wunderbar zusammenpassen.
Gerne wieder Campingtour / Wiederholungsbedarf?
Warum nicht! Es ist spannend!
Nächstes Urlaubsziel?
Wahrscheinlich wieder Dänemark. Dann geht es weiter nach Norden und auch nach Osten.
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